Beitrag 2-2015

„Jazz für Menschenwürde“ | Beitrag 2-2015

Lösungsansätze für eine dezentrale Gesundheitsversorgung (Carlos A. Gebauer)

Das deutsche Gesundheitswesen – zumal dasjenige, das wir als das „gesetzliche“ bezeichnen – ist eng mit dem sogenannten Sozialstaatsprinzip unserer Verfassung verbunden. Der „soziale Staat“, den das Grundgesetz beschreibt, sorgt sich um das Wohl seiner Bürger auch im körperlichen, gesundheitlichen Sinne. Diese Sorge erfasst Bürger unabhängig von ihrer finanziellen Leistungskraft. Auch wirtschaftlich schlechter gestellte Personen haben demnach Anspruch auf medizinische Versorgung, pflegerische Hilfe und gesundheitlichen beistand verschiedenster Art. Allerdings verfügt der Staat selbst über keinerlei eigene Mittel, alle diese Hilfen zur Weitergabe einzukaufen. Hierzu setzt er sich selbst erst dadurch in den Stand, dass er die nötigen Mittel bei anderen Bürgern – in Gestalt von Steuern, Beiträgen oder Gebühren – eintreibt. Dieses sogenannte Umverteilungsgeschäft kann ein Staat, auch ein moralisch wertvoll handelnder, sozialer Staat, indes nicht ohne alle Schranken betreiben. Er hat Wegnahme hüben und Zuteilung drüben in einem ausgeglichenen Verhältnis zu halten, um seine Gesamtlegitimation als Rechtsstaat nicht infrage zu stellen. Zwangsläufig gerät dieses Umverteilen irgendwann an Grenzen, wenn den Gebenden nicht immer noch mehr genommen werden kann, ohne zuletzt deren eigene Lebensführung nachteilig zu beeinflussen. Zugleich stößt das Umverteilen an der anderen Seite an Grenzen, wenn der Pflichtversicherte plötzlich durch seine unausweichlich angeordnete Teilnahme am System schlechter gestellt ist als er stünde, wäre er zur Mitwirkung erst gar nicht genötigt worden. Auch ein sogenannter Sozialstaat hat jedenfalls die Menschenwürde aller seiner Bürger zu achten. Damit befasst sich der erste nachstehende Text. Dass dies im Hinblick auf Gesundheitsangaben datenschutzrechtlich problematisch sein kann, erörtert der zweite Text, während der dritte die Frage nach faktischer staatlicher Sterbehilfe aufwirft. Indem schließlich musikgeschichtlich der Weg zum Jazz als Vorbild auch für ein staatliches Gesundheitssystem beschrieben wird, werden – hoffentlich – erste Lösungsansätze für eine dezentrale Gesundheitsversorgung aufgezeigt.

 

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